Es gibt Orte, an denen ist man gerne. An manchen eher weniger. Ein Friedhof beispielsweise steht meist für Trauer und letzte Ruhestätte. Doch muss es sich bei Friedhöfen immer nur um die letzte Ruhe drehen? Friedhöfe in Gelsenkirchen und Wien zeigen, dass Friedhöfe mehr als nur Begräbnisstätten sind.
Friedhöfe zeichnen sich meist durch ihr Eigenleben aus. Abgeschottet von der Außenwelt, finden dort Verstorbene ihre letzte Ruhe, Angehörige sehen in ihnen einen Ort der Trauer. Doch Individualisten sind auf dem Vormarsch. Sie verfolgen eine gewisse Modernisierung der Ruhestätten. Jedoch ohne dabei lautstark die Ruhe selbst in Frage zu stellen. Friedhöfe in Wien beispielsweise streben neben dem herkömmlichen Sinn als Begräbnisstätte, auch als Begegnungsstätte zu fungieren. Dabei ist es der “Friedhöfe Wien GmbH” egal, welcher Religion die Besucher und vor allem die Verstorbenen angehören beziehungsweise angehörten. Auf 46 Friedhöfen werden mehr als 600.000 Gräber verwaltet. Neben einem interkonfessionellen Hauptfriedhof, finden sich auch konfessionelle Friedhöfe. Was mir besonders dabei gefällt: Der Verstorbene beziehungsweise die Hinterbliebenen dürfen frei wählen, die Religion spielt zunächst keine Rolle. Das Ergebnis: es kommt zu einem interreligiösen Dialog. Seit 2008 trifft sich im 11. Bezirk, Zentralfriedhof, eine kleine Gruppe von zirka zehn Vertretern aus sieben unterschiedlichen Glaubensrichtungen – ohne zu streiten. Kulturelle Horizonte, Blockaden sowie Gemeinsamkeiten thematisiert. Es werden zudem Führungen angeboten, die unter anderem auch die unterschiedlichen Religionen und möglicherweise das Unbekannte näher bringen. Ein wahrer Treffpunkt der Kulturen.
Einen anderen, aber ähnlichen Weg geht man in Gelsenkirchen. In dem Stadtteil, in dem auch der Fußballclub Schalke 04 beheimatet ist. Zwischen Blau und Weiß, nahe des Stadtparks entsteht ein Gemeinschaftsgrab für Fans des FC Schalke 04. Ok, darüber kann man streiten. Das Online-Magazin “Der Westen” hat kürzlich über das Projekt geschrieben. “Rolf Rojek will sich mit seinen 58 noch Zeit lassen mit dem Umziehen – aber das Grab mit der Nummer 04 hat er sich gesichert”, liest man in der Einleitung des Artikels. Liest man weiter, wird einem schnell klar, um was es hier geht: um die Liebe zum Revier-Club. Keine Frage, es sind 1904 Gräber, angereiht auf einem von oben zu erkennen Fußballfeld.
Die Fans wollen selbst nach dem Tode eng mit ihrem Club verbunden sein. Diese Verbundenheit hat ihren Preis. Satte 1.250 Euro kostet alleine die Reservierung, inklusive der Pflege. Im Todesfall gibt es das Grab inklusive Stein für zunächst 25 Jahre ab 5.406 Euro. Der Schalke-Pfarrer Hans-Joachim Dohm, bringt gegenüber dem Magazin auf den Punkt: “Es handelt sich dabei um eine letzte Ruhestätte, kein Startpunkt für Leichen-Tourismus.” Wobei der Pastor nichts dagegen hat, wenn Fans “hier ein Stück Heimat finden mit Bezug zu dem, was sie gelebt und erlebt haben”.
Und nun? Wo geht die Reise hin? Die Grabstätte selbst wird in Zukunft immer individueller. Friedhöfe werden Themen-technisch verbunden oder offener gestaltet. Eine Begegnungsstätte mit Ruhefaktor – für Jedermann.
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